Schon früh am Morgen versammelten sich die „kleinen Heiligen“ am Bahnhof Bürglen, zappelig vor Aufregung und mit Rucksäcken voller Proviant. Die Reise begann mit einer Zug- und anschliessenden Busfahrt zur ersten Station des Tages. In Frauenfeld-Stählibuck angekommen, wurde kurzerhand ein Kind zum „König Benjamin“ ernannt und auf einen Aussichts-Turm geschickt, um das Evangelium aus den Schriften zu verkünden. Die Predigt war so mitreissend, dass selbst die Vögel andächtig lauschten – und die Kinder um so mehr.
Weiter gings durch einen Wald, wo plötzlich der „Engel Moroni“ auftauchte - in Gestalt des 15-jährigen Daniel, der mit einer Mischung aus himmlischer Würde und pubertärem Stimmbruch die Kinder auf Schatzsuche schickte. Die "goldenen Platten" enthielten diesmal keine alten Prophezeiungen, sondern Vorsätze der Kinder, was sie alles in ihrem Leben besser machen möchten und an was sie glauben.
Beim Schiffsbau à la Nephi wurde klar: Origami braucht Talent, damit ein Papierschiff sicher das Ziel erreicht und damit zum „verheissenen Land“ gelangt. Und Kinder waren talentiert und die Schiffe schwammen erfolgreich den Bach hinab.
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- Die-Kreuzlinger-Primarvereinigung-im-Plattlizoo-in-Frauenfeld
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Der Höhepunkt des Tages? Ein „Überfall“ durch wilde Lamaniten (alias: zwei witzige Missionare). Die Kinder bewiesen, dass man mit einer Mischung aus Versen aus den Heiligen Schriften und ohrenbetäubendem Gesang selbst die hartgesottensten Ungläubigen bekehren kann. Die armen „Lamaniten“ gaben schliesslich auf - vermutlich aus Angst vor einer weiteren Runde „Ich bin ein Kind von Gott“ in schiefer C-Dur.
Nach so viel geistiger Erbauung knurrten die Mägen lauter als ein nephitisches Kriegshorn. Zum Glück warteten schon Würstchen am Lagerfeuer.
Zum krönenden Abschluss gings in den Plättlizoo in Frauenfeld, wo die Kinder Tiere fütterten und sich auf dem Spielplatz austobten. Mit Eis verklebten Mundwinkeln und Köpfen voller Abenteuer kehrten die kleinen Helden zum Ausgangsbahnhof zurück. Viele erzählten noch begeistert auf dem Heimweg ihren Eltern von „goldenen Platten“ und „wilden Lamaniten“ und fragten bereits nach dem nächsten Ausflug der Primarvereinigung - ein sicheres Zeichen für einen gelungenen Tag im Zeichen des Buches Mormon.
Wer sagt, dass Religion langweilig sein muss? Nicht in Kreuzlingen, wo das Buch Mormon lebendiger ist als je zuvor - und mindestens genauso unterhaltsam.
Von Oliver M. Bassler, Hoher Rat und Leiter für Kommunikation im Pfahl St. Gallen
Fotos von Brigitte Riesen